Was hat handgeschöpfte Schokolade mit Leidenschaft und Geduld zu tun?
Ein Interview mit Chocolatier Kurt Wöss.
Ein Interview mit Chocolatier Kurt Wöss.
Man liest immer wieder von handgeschöpfter Schokolade. Was genau bedeutet das und schmeckt man den Unterschied auch wirklich im fertigen Produkt? Diese und noch ein paar weitere Fragen beantwortet Bäcker und Chocolatier Kurt Wöss. Er gibt auch Tipps, wie seine handgeschöpfte Schokolade am besten schmeckt.
Wodurch unterscheidet sich handgeschöpfte Schokolade von industriell hergestellter Ware?
Einer der größten Unterschiede liegt im Faktor Zeit. Wir kaufen die Rohmasse und verarbeiten sie langsam und händisch. Das bedeutet, wir erhitzen diese auf 45 Grad, lassen die Masse wiederum langsam auf 28 Grad abkühlen und arbeiten anschließend mit 30 Grad weiter. Dieser Prozess dauert relativ lange, ist aber entscheidend für den Geschmack und die Qualität auch in der Konsistenz. Denn durch das Erhitzen und Abkühlen verändern sich die Kristalle in der Schokolade. Je mehr Zeit man der Schokolade dabei gibt, desto besser können sich Geschmack und Struktur entwickeln und die Masse bleibt geschmeidig.
Wie viele Handgriffe sind erforderlich, bis eine handgeschöpfte Schokolade fertig ist?
Bis eine Tafel fertig und verpackt ist, wird sie etwa fünf- bis sechsmal angegriffen. Auch wird jede Form auspoliert, die Schokolade händisch aus der Form geklopft und dann bekommt sie Zeit, langsam bei zehn Grad auszuhärten und den Geschmack zu entwickeln. Abschließend wird die Schokolade händisch verpackt. Der gesamte Herstellungsprozess dauert bei unserer Schokolade mindestens zwei Tage. Industriell wird vermutlich in einer Stunde die gleiche Menge erzeugt, die wir im Laufe eines Jahres herstellen.
Wird bei der Verarbeitung wirklich alles „händisch“ gemacht?
Wir haben natürlich schon eine Schokoladenmaschine für die Erwärmung und Kühlung. Diese bewegt sich langsam, aber ständig. Dadurch entfaltet sich der Geschmack besser. Vom Beginn der Erwärmung bis hin zur weiteren Verarbeitung dauert es etwa drei Stunden. Hier ist Geduld und Genauigkeit gefragt. Wenn die Temperatur beispielsweise um ein bis zwei Grad falsch ist, kann dich Schokolade grau werden, weil sich die Kakaobutter absetzt.
Bei der Weiterverarbeitung seid ihr kreativ und experimentiert gerne.
Ja genau. Unsere Waldschokolade beispielsweise wir mit Fichtennadeln veredelt. Das Besondere daran ist, dass wir keinen Alkohol bzw. keine Aromastoffe zufügen, sondern feinste Fichtenwipfel von einer Kräuteralm in Klaffer im Mühlviertel nehmen. Diese werden getrocknet, gerieben und sorgsam per Hand in die Schokoladenmasse eingearbeitet. So kann sich das Aroma am besten entfalten. Auch unsere Waldpralinen entstehen auf diese Art und der Geschmack ist einzigartig, die muss man einfach probieren. Das ist generell unser Kredo bei allen Sorten: Wir schmecken alle Sorten selbst ab und versuchen immer wieder neue Kreationen, etwa mit Kräutern oder Blüten. Da wir nur kleine Mengen herstellen, können wir auch einmal gewagtere Mischungen versuchen.
Die Qualität der Rohstoffe ist ein wesentlicher Faktor für den Geschmack der Schokolade.
Absolut. Wir verwenden hochwertige Kakaobutter und kein Palmöl, die Kakaobohnen kommen von einer ausgewählten Farm in Südamerika. Ich kenne meinen Lieferanten persönlich, dieser kauft das Rohmaterial direkt ein und ist auch immer wieder vor Ort. Das ist wichtig für uns, dass die Gewinnung ohne Verletzung von Menschen- & Arbeitsrechten geschieht, beispielsweise keine Kinderarbeit auf dieser Farm passiert.
Gibt es besondere Trends bei Schokolade? Bzw. was sind eure Spezialitäten?
Die Kombination süß/sauer wird schon länger gemacht, wie etwa Zugabe von Chili. Das machen wir bei unserer Bruchschokolade. Eine unserer Spezialitäten sind Veredelungen von Engelszeller Likören. Aber auch spezielle Bierschokolade oder Brotschokolade. Dabei wird altes Brot dünn aufgeschnitten, getrocknet und die Brösel werden verarbeitet.
Kein neuer Trend, aber immer spürbar: Der Mensch geht nach den Jahreszeiten und bevorzugt im Sommer eher leichtere Sorten, wie etwa mit Joghurt und Erdbeeren. Ab Herbst sind wider kräftigere Schokoladesorten gefragt. Hier gibt die Natur also die Richtung vor.
Gibt’s einen Tipp, wie man Schokolade besonders genussvoll verkosten kann?
Ganz wichtig ist der Genuss bei Zimmertemperatur. Denn so schmilzt die Schokolade am Gaumen besonders gut. Handgeschöpfte Schokolade eignet sich dafür besonders gut, da sie einen niedrigeren Schmelzpunkt hat. Sehr gut lässt sich Schokolade übrigens mit Wein oder Bier kombinieren. Verkostet man sie mit Wein, sollte man auf Gegensätze achten: Also herbe Schokolade eher zu einem lieblicheren Wein genießen. Vollmilchschokolade wiederum verträgt einen trockeneren, herberen Wein. Bei Bier empfehle ich es genau andersherum: Eine kräftige Biersorte verträgt eine kräftigere Schokolade.
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